#3 Hilfe suchen – warum nicht?

Wir kennen es alle: Unsere Gedanken haben sich bei einem Thema festgefahren. Wir kommen allein einfach nicht weiter. Eine zweite Meinung, ein kompetenter Rat wären hilfreich. Doch dazu müssen wir jemanden fragen… – und schon schleichen sich Befürchtungen ein: Angst, inkompetent zu wirken, Angst zu stören, Angst vor Ablehnung…

Aus diesen oder ähnlichen Gründen bitten viele erst gar nicht um Hilfe.

Aber sind diese Ängste gerechtfertigt?

Wirke ich inkompetent?

Studien belegen, dass Personen, welche um Rat bitten und/oder diesen annehmen können, keine geringere, vielmehr eine höhere Kompetenz zugeschrieben wird.

Störe ich? Werde ich mit meiner Meinung abgelehnt?

Grundsätzlich unterstützen Menschen gern. Indem sie anderen helfen können, fühlen sie sich auch selbst besser. Frei nach dem Motto: Mein Rat ist gefragt. Ich bin es wert, gefragt zu werden. Ich kann meine Gedanken und Erfahrungen weitergeben.

Sollte es dennoch zufällig ein ungünstiger Augenblick sein, kannst du einen anderen Zeitpunkt verabreden.

Als ich 27 Jahre alt war, hatte ich meine erste Führungsverantwortung. Ich leitete damals ein Team von 5 Mitarbeitern – alle waren beruflich erfahrener, alle waren wesentlich älter, alle bekamen ein höheres Gehalt. Sicher kannst du dir vorstellen, wie ich teilweise geschwitzt habe. … und ich hatte mehr Fragen als Antworten.

Nach anfänglichem, intensivem Zögern suchte ich schließlich erstmalig den Rat meines Geschäftsführers:

„Ich benötige mal Ihren Rat …“

Er führte mit mir ein intensives Gespräch über Werte, Inhalte und Management. Mein Geschäftsführer, welcher verantwortlich war für eine Company mit über 1.000 Mitarbeitern, er nahm sich die Zeit – für mich!

Diese positive Erfahrung hat mich geprägt und in den folgenden Jahren begleitet. Es wurde für mich selbstverständlich, um Rat, Tipps, Hilfe zu bitten, wenn ich nach reichlichen Überlegungen selbst nicht weiterkam oder aber auch nur, um eine andere Sichtweise auf mein Problem zu erlangen. Ich habe nicht nur Führungskräfte und Berater gefragt, später auch zunehmend Mitarbeiter:innen meiner eigenen Firma.

Auch für mich selbst wurde es immer selbstverständlicher, ein offenes Ohr zu haben und Rat/Hilfe zu geben.

Dennoch bedarf es, nach meinen Erfahrungen, einiger Regeln, um Rat einzuholen.

  • Wenn du um Rat bittest, solltest du gleichfalls bereit sein, anderen zu helfen.
    Frei nach dem Motto: „Wer gibt – gewinnt!“
  • Beschäftige dich zunächst selbst und intensiv mit deiner Fragestellung. Kläre für dich, ob du wirklich Hilfe brauchst. Manchmal reicht auch ein bewusstes Verlassen der „Grübel-Situation“, ein Spaziergang im Freien, ein „Überschlafen“…
  • Überlege zunächst, ob eine durchdachte Option bereits eine Antwort enthalten könnte. Erkläre deinem Gegenüber, welches deine Überlegungen sind/waren.Frage, ob du etwas übersehen oder nicht bedacht hast und bitte erst dann um Unterstützung.
  • Prüfe, wie du möglichst respektvoll mit der Zeit deines Gegenübers umgehen kannst. Wo ist der richtige Ort, wann ist der richtige Zeitpunkt, welches der beste Kommunikationsweg? Beantworte dir diese Fragen aus Sicht deines Gegenübers. Es geht nicht um deine Zeit – du suchst den Rat.
  • Bereite dich auf die Kommunikation mit der konkreten Ausformulierung deiner Fragen vor. Dies schafft auch für dich selbst schon im Vorfeld mehr Klarheit und spart Zeit im Gespräch. Darüber hinaus wird es deinem Gegenüber leichter fallen, dein Problem zu verstehen und hilfreichen Rat zu geben.
  • Frage am besten so, dass es dir zukünftig leichter fällt, selbst Antworten zu finden:
    „Was müsste ich tun, um …“
  • Mache dir während des Gespräches Notizen, damit du nichts vergisst und kein zweites Mal nachfragen musst.
  • Bedanke dich für die Unterstützung. Hilfe ist ein Geschenk! Bedanke dich auch dann, wenn du mit der Antwort nicht ganz zufrieden bist oder den Rat verwirfst.
  • Sei darauf vorbereitet, dass dein Gegenüber ggf. nicht deiner Meinung ist. Sieh dies als Chance, deine Position zu hinterfragen und neue Erkenntnisse zu erzielen.

Und wenn du in deinem Unternehmen oder im erweiterten Kolleg:innenkreis keine Antworten finden solltest, kannst du immer noch einem externen Berater fragen. Dieser kostet zwar Geld, hat aber zumeist Vorerfahrungen aus verschiedenen Unternehmen, welche den Lösungsraum deiner Frage erweitern können.