#1 Visionär – bist du einer?

Mein erster Blogbeitrag und die Frage: Womit starte ich? Welches Thema, welche Form wähle ich?
Ernest Hemingway sagte: „Ich würde einen wahren Satz schreiben
und dann von dort aus weitermachen.“

So will auch ich dies tun. Ein Satz, den ich als wahr empfinde stammt von Jeff Bezos, dem Gründer von
Amazon:„Gründer müssen bereit sein, für eine sehr lange Zeit 
missverstanden zu werden.“

VISIONÄR und/oder UMSETZER

Ich denke, ihr alle kennt mittlerweile die Erfolgsgeschichte der
niederländischen Firma Buurtzorg. Das Buurtzorg-Pflegemodell basiert auf der Idee, dass die Pflege am besten von kleinen, autonomen Teams erbracht wird. Jedes Team besteht aus etwa zehn bis zwölf qualifizierten Pflegefachkräften, welche sich hauptsächlich selbst organisieren. Für die Koordination und Kommunikation untereinander werden digitale Tools verwendet. Die Teams sind jeweils für einen festen geografischen Bereich und somit für eine bestimmte Anzahl von Patient:innen verantwortlich. Somit wird die Entstehung von Vertrauensverhältnissen gefördert und die sehr individuellen Bedürfnisse der Patient:innen können besser berücksichtigt werden. Die Pflegekräfte sind in der Lage, die meisten Aspekte der Pflege selbstständig durchzuführen, ohne auf Anweisungen von Vorgesetzten warten zu müssen. Zudem wird im
Buurtzorg-Modell auch auf eine enge Zusammenarbeit mit
Angehörigen, Freunden und anderen Unterstützern des Patienten gesetzt. Diese werden aktiv in die Pflege eingebunden und können beispielsweise bei der Unterstützung des Patienten im Alltag oder bei der Durchführung von therapeutischen Übungen helfen.
Die Organisation von Buurtzorg ist flach, ohne Hierarchien und überflüssige Bürokratie.

Studien belegen, dass das Modell die Qualität der Pflege verbessert, die Kundenzufriedenheit steigert und die Kosten um bis zu 40% senkt.

Als der Gründer Jos de Blok das Unternehmen 2006 gründete wurde er (noch) missverstanden und musste von vielen Seiten Kritik einstecken.

Heute arbeiten ca. 15.000 Mitarbeiter:innen in ca. 950 Teams nach diesem Modell, welches erfolgreich in 24 Länder „exportiert“ wurde.

Als Jörg Veil die Firma Home Instead Deutschland als Franchise-System vor 15 Jahren gründete, gab es noch keine stundenweise Betreuung und Pflege in Deutschland. Heute ist das Unternehmen mit über 150 Standorten Marktführer.

Es gibt sie – auch in Deutschland – innovative Pflegekonzepte: careship, kenbi, Projekt EVA des ASB Hamburg, …

WIE ALLE – ist keine Strategie

Neue Konzepte entstehen nicht aus dem Nichts. Neue Konzepte entstehen, weil Visionäre eine klare und inspirierende Vorstellung von der Zukunft haben. Sie prüfen Marktgegebenheiten gründlich. Sie lassen sich nicht leicht beirren in ihrem Innovationsgeist. Sie haben die Fähigkeit andere an ihrer Vision teilhaben zu lassen und Mitstreiter ins Boot zu holen. Sie arbeiten mit Beharrlichkeit daran, ihre Vision zur Realität werden zu lassen.

Nicht immer entstehen im Strategieprozess anhaltende neue, innovative Dienstleistungen.

Was ein Strategieprozess jedoch mindestens leisten sollte:

  • die Frage nach dem WHY (Warum) beantworten
    Simon Sinek „Start with why“ https://www.youtube.com/watch?v=qp0HIF3SfI4
  • Leitbild liefern (bestehend aus Mission, Vision, Werten)
  • Markt- und Wettbewerb analysieren
  • Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken bewerten
  • Alleinstellungsmerkmale herausarbeiten
  • Geschäftsfelder, Zielkunden und Services definieren
  • Geschäftsziele formulieren
  • Maßnahmen definieren

In meinen Beratungen höre ich häufig: Wir sind wie alle – ein
klassischer Pflegedienst. Aber was ist ein klassischer Pflegedienst? Es gibt keinen klassischen Pflegedienst!

Es gibt Durchschnittswerte: 120 Kunden, 30 Mitarbeiter, …

Durchschnittswerte können insofern hilfreich sein, indem sie Vergleichbarkeit schaffen.

Das förderale System in Deutschland mit 16 Bundesländern, noch mehr Leistungskatalogen und Vertragsvarianten hat jedoch dazu geführt, dass jeder Pflegedienst seine eigene Strategie, sein eigenes Leistungsangebot definieren muss. 
Regionale Besonderheiten, regionale Wettbewerbssituationen forcieren die Notwendigkeit einer eigenen Strategie. Oder kannst du dir vorstellen, dass ein Pflegedienst auf dem weiten, flachen Land in Schleswig Holstein auf die Idee kommt, seine Mitarbeiter:innen mit Fahrrädern zu den Kunden zu
schicken? In Berlin und Hamburg ist dies möglich.

Auch SCHEITERN ist eine OPTION

Sind alle innovativen Visionen realisierbar? Sind alle neuen Geschäftsideen erfolgreich? Nein! 9 von 10 scheitern! Als ich 2000 mit einer Partnerin mein erstes Unternehmen gründete, war ich von unserem Erfolg überzeugt. Wir hatten ein innovatives Produkt, interessierte Kunden, ein professionelles Team, …
Unser Timing passte nicht. Wir benötigten einen Investor und ca. 5 Mio. DM Risikokapital. 2000 ihr erinnert euch? Da platzte die Dotcom-Blase und unsere Investoren sprangen ab. Innerhalb von 2 Wochen mussten wir unser Geschäftsmodell ändern und waren erfolgreich.

Bruce Lee sagte: „Fürchte nicht die Niederlagen. Es ist kein Verbrechen zu scheitern, sondern nur, es gar nicht erst versucht zu haben.“

KOPIEREN und VERBESSERN

Wer die Ideen (missverstandener) Visionäre (auch anderer Branchen) sucht und erkennt, wer Risiken nicht scheut, wer offen in den Erfahrungsaustausch tritt, wer einen zweiten Blick auf sein Unternehmen und sich zulässt und wer die
Bedeutung einer eigenen Strategie versteht, wird auch morgen noch seinen eigenen Weg erfolgreich gehen. Vielleicht nicht als Visionär, aber als Pflegedienst mit klar definierten
Alleinstellungsmerkmalen.