PDL-Woche in Potsdam. Wir sprechen über Kompetenzen. Wir sprechen über Methoden. Ich spreche über die Methode Businessplan. Eine Teilnehmerin: „Was nützt der Businessplan? Dann kommt Corona, dann kommt Tariftreue, dann kommt Energiekrise, … da passt doch keine Zahl mehr!“ Stimmt!
Ich liebe Businesspläne. Meine Frau, meine Freunde, meine erwachsenen Kinder würden schmunzeln und nicken. Auf meinem Rechner gibt es Dutzende davon – für einen Fahrdienst, für eine Tagespflege, für eine Wohn-Pflege-Gemeinschaft, für ein Versorgungskonzept im ländlichen Raum, für eine Foto-Agentur, für einen Weinstand, …
Für mich sind Businesspläne die strukturierte Beschreibung, wie auch Entscheidungsgrundlage meiner Ideen. Hierbei kann es sich um eine vollständig neue Geschäftsidee inkl. Gesellschaft handeln oder auch um eine neue Dienstleistung. Mit Hilfe des Businessplans durchleuchte ich die Idee hinsichtlich Kundennutzen, Realisierbarkeit und Wirtschaftlichkeit. Einen Businessplan kann ich einer Person übergeben und seine Meinung einholen. Mit einer mündlich formulierten Idee ist dies kaum möglich. Wenn mir jemand sagt: „Ich habe da eine Idee.“, ist meine Antwort: „Dann schreib sie mir bitte auf!“ Der Businessplan ist ein strategisches Instrument.
Ich liebe die Berge – ich liebe Expeditionen. Anders als Pauschalreisen leben Expeditionen von vielen Unwägbarkeiten: dem ggf. wenig bekannten Wegbegleitern, den körperlichen Strapazen, der Ausrüstung, dem unwegsamen Gelände, dem Wetter, …
Wie bereite ich mich auf eine Expedition vor?
Ich erstelle einen Expeditions(Business)plan!
Vor 6 Jahren schlägt mein Freund Matthias vor: „Lass uns auf den Kilmanscharo gehen.“ Unsere Planung beginnt:
Ich lese nochmals Hemingways „Schnee auf dem Kilimanscharo“, Meyers „Die Erstbesteigung des Kilimanscharos“. Wir komplettieren mit Hans (welchen ich erst am Flughafen kennenlernen werde) unsere Seilschaft. Wir planen die Reisezeit. Wir planen die Route (es gibt ca. 7 sinnvolle Routen). Wir suchen einen lokalen Reiseführer sowie lokale Träger. Die Packliste wird länger. Dann kommt die erste Störung. Matthias ist Schriftsteller und der Verlag „wünscht“ einen neuen Roman
(Du kennst diese „Störungen“: Der Geschäftsführer wechselt und passt die strategische Ausrichtung an, ein Investor investiert weiteres Geld und wünscht ein schnelleres Wachstum. Kommt dir das bekannt vor?). Matthias möchte für den geplanten Roman weitere Gegenden bereisen, weitere Begegnungen und Erlebnisse ermöglichen. So passen wir die Reisedauer an, erhöhen das notwendige Budget, buchen zusätzliche Unterkünfte …
Unser initialer Reiseplan, unser „Businessplan“ steht.
Ein Jahr später machen wir uns auf den Weg. Teamfindung und Akklimatisierung am Mt. Meru. Zum Morgenaufgang sehen wir ihn erstmalig, sehen den schneebedeckten Kilimanscharo. (Im Unternehmen nennen wir dies Visioning – die Visualisierung unserer Ziele).
Dann der Start zum Sehnsuchtsgipfel. Am vierten Tag hat Hans massive Magenprobleme (Ihr erinnert euch? – Corona, Tariftreue, Energiekrise…). Die Medikamente schlagen nicht an. (Fehlentscheidungen – dies kennen wir alle auch im Unternehmen). Wir gehen weiter, entscheiden jedoch je nach Gesundheitszustand von Hans, von Tag zu Tag, von km zu km (Tag für Tag-Entscheidungen – während der Corona-Zeit prägen sie unseren Unternehmensalltag). Dann der Gipfeltag. Zurück? Getrennt? Nach Absprache teilen wir uns in zwei Gruppen. Matthias und ich gehen mit einem Bergführer, Hans separat und langsamer mit einem zweiten. An vorher definierten Punkten warten wir, maximale Wartezeiten sind vereinbart. (operative und taktische Ressourcenallokation gehören zum Unternehmertum). Hans kämpft und erreicht uns immer vor der vereinbarten Zeit. Die letzten Meter gehen wir gemeinsam.
Zwei Tage später sitzen wir bei einem Kilimanscharo-Bier und feiern die erfolgreiche Besteigung des Gipfels (Erfolge feiern – auch im Unternehmen unverzichtbar).
Unternehmertum benötigt, wie die Expedition auch, eine Strategie. Unternehmertum benötigt, wie die Expedition auch, Taktik. Während die Strategie sagt, wer wir sind und was wir langfristig erreichen wollen, definiert die Taktik, was wir dafür tun.
Corona, Tariftreue, Energiekrise, dies alles sind Kennzeichen veränderter Rahmenbedingungen. Darauf müssen wir taktisch reagieren. Wir bündeln Ressourcen, wir re-priorisieren, wir stellen Investitionen zurück, wir sagen häufiger NEIN. Das tun wir aber nicht, weil der Businessplan falsch war. Das tun wir, weil wir Unternehmer sind.
2020 erscheint Matthias Roman „Das kann uns keiner nehmen“. Der Spiegel schreibt:
„Ein packender Deutschland-Roman – erzählt vor afrikanischer Kulisse.“ Aber da sind wir schon in Äthiopien unterwegs und benötigen einen neuen Plan, eine neue Strategie, neue Taktiken.