#12 Verzicht – warum ich?

Ein Thema bestimmt derzeit die deutsche Medienlandschaft, der Haushalt 2024. Klar ist, es gibt ein großes Defizit zwischen Einnahme und geplanten Ausgaben. Finanzminister Lindner findet deutliche Worte: „Diese Haushaltslücke muss erwirtschaftet werden, durch Verzicht.“

Verzicht? Ja, Verzicht! Er hat dieses Wort ausgesprochen.

Neben dem Wort des Jahres 2023 „Krisenmodus“, bewegt kaum ein anderes Wort die Gemüter so sehr.

Wird Verzicht ausgesprochen, erheben sich allerorts die Stimmen. So auch heute.

Kaum hatte Lindner die Ampelkoalition auf Einschnitte und unbequeme Entscheidungen eingestimmt, da meldet sich der Arbeitgeberverband Pflege und warnt die Koalition davor, am Dienstwagen-Privileg zu rütteln. Eine solche Entscheidung würde ca. 400.000 Mitarbeitende in der Pflege betreffen. Die skizzierten Folgen wären fatal: „Es gehe hier schnell um Steuervorteil von 1000, mitunter sogar 2000 Euro im Monat.“ „Ohne die Steuervorteile müssten gerade auf dem Land mehr Pflegedienste schließen“.

Also doch kein Verzicht?

Fakt ist, die aktuellen Subventionen für das „Dienstwagen-Privileg“ belaufen sich auf ca. 3 bis 6 Mrd. Euro. Also Verzicht?

Fakt ist auch, die sozialen Sicherungssysteme: gesetzliche Krankenversicherung, gesetzliche Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung, Unfallversicherung sowie Sozialhilfe/Grundsicherung werden zu großen Teilen aus Steuermitteln finanziert. Durch den demografischen Wandel werden Beitragseinnahmen zurückgehen, während die Leistungsausgaben steigen. Vor dem Hintergrund der

Generationengerechtigkeit sind umfangreiche Reformen zwingend notwendig.

Also doch Verzicht auf heutige Privilegien, Komfort und „Bequemlichkeiten“ außerhalb von Notsituationen (denn dafür wurden die Sicherungssysteme geschaffen)?

Verzicht öffnet Raum für Neues

Vielleicht ist es an der Zeit dem Wort Verzicht eine positive Seite abzugewinnen.

Wer schon einmal gefastet hat, weiß, der Verzicht kann auch individuelle Freiheit bedeuten.

Wer auf Fernreisen verzichtet, entdeckt vielleicht seine Heimat neu.

Wer einen Tag in der Woche auf Fleisch verzichtet, gewinnt vielleicht neue Gesundheit.

Wer mit dem Fahrrad satt mit dem Auto zur Arbeit fährt, fühlt sich ggf. unabhängiger und freier.

Wer auf Fernsehen verzichtet, hat höchstwahrscheinlich mehr Zeit für Freunde, Hobby, …

Verzicht – eine Annäherung

Vielleicht bietet gerade der berufliche Kontext die Chance als Team individuellen und kollektiven Verzicht zu trainieren, Verzicht als neue Unternehmens-Ressource und Wettbewerbsvorteil zu entwickeln.

Wie kann das aussehen?

Wie wäre es mit einem Treffen, wo das Team gemeinsam prüft, auf welche Privilegien und Annehmlichkeiten verzichtet werden kann.

Ziel sollte es sein, Ressourcen zu schonen: Zeit, Geld, Bürofläche, Wasser, Strom, Papier, …

Im Zentrum stehen die Fragen:

  • Nützt die aktuelle Lösung wirklich unseren Kunden?
  • Nützt diese Lösung wirklich dem gesamten Team?

Klar ist, wer sich auf diese Idee einlässt, muss damit rechnen, dass auch er auf gewohnte Bequemlichkeiten verzichten muss – vielleicht auch auf seinen (großen) Dienstwagen 🙂