#10 Herr Block ist „ver-rückt“

Ich hatte gerade eine Videokonferenz mit Herrn Block. Herr Block sagt von sich: „Ja, ich bin verrückt. Und Pflege braucht mehr Ver-rückte.“

Wer „verrückt“ sagt, muss mit Missverständnissen rechnen. Dieser Vorbehalt verkennt jedoch die Herkunft des Wortes. Diese geht auf das 16. Jahrhundert zurück. Verrücken bedeutet nicht nur im Sinne von „an einen anderen Platz rücken“, sondern auch in der übertragenen Bedeutung „jemanden aus der Fassung bringen“. Ja – Herr Block ist verrückt!

Aber ich fange besser von vorn an.

Anfang Oktober fand in Berlin erstmalig der Vincentz Network Fach- und Führungskongress LUNA statt. Erstmalig wurde auch der „LUNA Award“ überreicht. Dieser Preis soll künftig alljährlich an Persönlichkeiten verliehen werden, welche sich für die ambulante Pflege engagieren.

Der erste Preisträger – Herr Block.

Stefan Block ist Geschäftsführer der ASB ambulante Pflege gGmbH in Bremen. Er ist ein „Urgestein“ der Pflege, Dozent, Netzwerker, Gestalter, Interessenvertreter (2013 hat er die bis heute bundesweit größte Demonstration für die Pflege mitorganisiert), Innovator (oder hätten Sie den Mut als Pflegedienst ein Reisebüro sowie eine Babysitting-Agentur zu eröffnen?), Brettspieler, Modellbauer, …

Sein langjähriger Weggefährte der Unternehmensberater Andreas Heiber sagt in seiner Laudatio über ihn: „Man braucht einen führenden Menschen, der vorweg geht, sonst können die anderen nicht hinterhergehen. Und da ist Stefan ein echtes Vorbild.“

Ich musste die Veranstaltung bereits nach meinem Vortrag „Steuere dein Unternehmen mit Kennzahlen zum Erfolg!“ verlassen. So hatte ich nicht die Chance der Preisverleihung beizuwohnen und Herrn Block persönlich kennenzulernen und zu gratulieren.

Die Presseinformation hat mich jedoch neugierig gemacht und ich vereinbare ein Gespräch.

Herr Block sagt zu.

Bereits in einen seiner ersten Sätze zitiert er aus Der kleine Prinz: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Mit diesen Worten umschreibt er sein persönliches „Pflegekonzept“. Wundervoll. Ich höre ihm gern zu, möchte ihn in seinen Gedanken kaum unterbrechen.

Wir werden dann selbstverständlich auch fachlich.

Ich möchte wissen, welche Themen ambulante Pflegedienste aktuell konkret umsetzen sollten, um die eigenen Rahmenbedingungen zu verbessern.

Hier seine 3 Gedanken und Ansätze:

  1. Re-Intensivieren Sie den Dialog mit Ihren Mitarbeitern

Insbesondere die Corona-Pandemie hat die Pflege massiv gefordert. Die Auswirkungen der Pandemie sind weitgehend vorüber, doch die Krise hat Spuren hinterlassen. Dies besonders in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Jetzt ist es die Aufgabe von Führung entstandene „Verhärtungen“ wieder aufzulösen. Es muss wieder ein Rahmen geschaffen werden, der gemeinsames Arbeiten, Feiern, Trauern, … ermöglicht. Die neu gewonnenen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation können hier nur flankierend von Nutzen sein. Es braucht wieder verstärkt die persönliche Kommunikation und Wertschätzung.

  1. Stärken Sie die Mitarbeiter in den Kundeneinsätzen

Kunden kürzen vermehrt Pflegesachleistungen, um Pflegegeld für andere Ausgaben zu verwenden. Dies bekommen die Bezugs-Pflegekräfte vor Ort zu spüren. Die Kundenerwartungen an gemeinsamer (reduzierter) Zeit und die Wirtschaftlichkeit stehen im Widerspruch. Hier muss Führung die Mitarbeiter schützen, in die Kommunikation gehen und gemeinsam Rahmenbedingungen schaffen, welche eine REFA-gesteuerte Funktionalpflege verhindern. Hier sucht das Team um Herrn Block selbst noch nach Antworten.

  1. Bauen Sie Fach- und Dienstaufsicht aus

Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig. Ein Ansatz ist die Neugestaltung der Aufgabenverteilung zwischen Pflegefachkräften und Pflegehilfskräften. Pflegehilfskräfte übernehmen die pflegerische Versorgung unter der Fach- und Dienstaufsicht der Pflegefachkräfte.

In Bremen ist es bereits vor Jahren gelungen, dass Pflegehilfskräfte definierte SGB V-Leistungen unter Anleitung erbringen können. Dieses Konzept sollte weiter ausgebaut werden.

Ein beruflicher Einstieg in die Pflege kann auch über die Entwicklung von Hauswirtschaft über Betreuung hin zur Pflege erfolgen. Die Praxis zeigt, dass so Menschen aller Altersgruppen und unterschiedlicher beruflicher Vorerfahrungen für die Pflege gewonnen werden konnten.

Spezialisierte Dienstleister z.B. SAPV oder Wundzentren ergänzen und ermöglichen die Fokussierung auf Pflege.

Vielleicht noch ein letzter Gedanke:

Pflege bedeutet Dienstleistung. Erfolgreiche Dienstleistung erfordert zufriedene Mitarbeiter:innen. Unternehmen sollten den Mut haben, auch ver-rückten Menschen zu vertrauen, wenn sie mit „dem Herz denken“. Ein gelungener Mix ermöglicht den Erfolg.

Herr Block, ich danke für unser Gespräch und die Impulse.

Danke an den Vincentz Verlag für diesen Preisträger.